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Testbericht: La Selle Filzsattel Standard und Premium

Ich bin ein grosser Freund von flexiblen Sattelsystemen, vor allem in Ermangelung eines fachkundigen Sattlers in unserer Gegend (uff...das gibt Stoff für einen separaten Blogbeitrag). Unsere Sattelkammer ist gefüllt mit Sattelpads, wir haben fast alles getestet, was der alternative Sattelmarkt so hergibt. Was mich überzeugte, blieb für immer oder zumindest für eine ganze Weile bei uns ;) Irgendwie entwickelte sich das Satteltesten zu unserem Hobby.

 

 

So war ich natürlich hoch erfreut, als der erste Filzsattel von La Selle herauskam. Gleich als dieser noch sehr neu am Markt war, bot sich mir die Gelegenheit diesen zu testen. Es war damals die Ponyversion für besonders kurze Pferderücken, die ich ausprobieren durfte. Das Ergebnis des Tests war damals für mich sehr ernüchternd, der Sattel lag auf all unseren Pferden (verschiedene Rückenformen) und auch verschiedenen Reitern (mit verschiedenen Hinterngrössen) extrem nach hinten unten und die Proportionen schienen sich einfach nicht mit dem Schwerpunkt in Übereinstimmung bringen zu lassen. Enttäuscht schickte ich den Sattel wieder zurück und hakte das Thema für mich ab. «Nix für uns». 

Der erste Test des Filzsattels in Ponygrösse war für uns wenig zufriedenstellend. Der Sattel lag auf keinem unserer Pferde optimal.

Ich hörte zwischenzeitlich aber immer wieder Positives über die Sättel und so schlug ich dann doch zu, als ich die Gelegenheit hatte, so einen Sattel in Grösse normal zu bekommen. Seitdem war ich sehr verliebt und begeistert von diesem Teil und nutzte es auf Reginn quasi als Hauptsattel für Bahn und Gelände. 

 

Im Jahr 2020 kam dann die Meldung von La Selle, dass sie den Standard Filzsattel optimiert und verbessert hätten und der La Selle Sattel Premium kam auf den Markt. Er sprach mich nicht nur optisch an, auch die verbesserten Kissen fand ich sehr interessant. Keine Frage, den MUSSTE ich testen.

 

Ich nahm also Kontakt mit La Selle auf, welche mich an eine Schweizer Vertriebspartnerin verwies. Die Konditionen des Satteltestens überzeugten mich ehrlich gesagt nicht, ich empfand den Preis (100 Fr. für 5 Tage reines Testen) als recht hoch, zumal dieser bei einem Kauf lediglich zur Hälfte angerechnet wird. Auch fragte ich bei La Selle an, ob es bei einem Kauf möglich sei, gewisse Änderungen am Sattel vorzunehmen (veränderte Pauschenform). Immerhin wirbt die Sattlerei mit ihren in Handarbeit hergestellten Produkten und kundenorientierten Geschäftsmodell und der Individualisierbarkeit der Produkte. Über die Vertriebspartnerin erhielt ich eine aus meiner Sicht sehr undiplomatisch formulierte Antwort von La Selle (letztendlich: Man habe keine Zeit für solche Extrawünsche) und meine Vorfreude, den Sattel zu testen, war aufgrund der Stimmung, die in dieser Antwort mitschwang, an dieser Stelle wirklich schon etwas getrübt. Aber das Produkt kann ja gut sein, auch wenn der Kundenservice nicht ganz meinen persönlichen Erwartungen entspricht (zugegeben, die sind sehr hoch). Ich bin mir da auch anderes gewöhnt. Liebe Grüsse an dieser Stelle an den lieben Ralf von www.barockflair.com ;)

 

Der Kaufpreis für den Sattel liegt inklusive Pauschen und Verzierungen bei ca. CHF 1.700 Fr. (EUR 1.464), was für ein Reitpad natürlich eine Menge Taler sind. Dafür erwarte ich neben einer 1a Qualität aber auch einen kundenorientierten Umgang und eigentlich auch eine Beratung. Diese erfolgte im Vorfeld weder von La Selle noch über die Vertriebspartnerin. Es gab auch über den gesamten Testzeitraum keine Nachfrage, ob Fragen bestehen oder Unterstützung benötigt wird. Für jemanden, der noch keine Erfahrung in der Beurteilung von Passform und Anpassung von alternativen Sattelsystemen hat, finde ich das schwierig. Denn: Auch ein baumloser Sattel bzw. ein Reitpad muss zu Pferd und Reiter passen und ja, man kann auch viel falsch machen. Da ich aber bereits etwas Erfahrung mitbrachte, war das für mich an dieser Stelle kein Problem.

 

Der erste Eindruck

Das Paket kam also bei mir an. Darin enthalten waren der Sattel und ein Beutelchen mit Zubehör bestehend aus Moosgummieinanlagen, Sitzerhöhungen für den vorderen Sitzbereich zum kletten, ein Sitzpolster für den hinteren Sitzbereich und Klettpauschen. Ausserdem erhält man ein kleines Handbüchlein mit Informationen zum Sattel, welches aber keine Neuerungen zu den auf der Website veröffentlichten Informationen beinhaltet.

Der erste Eindruck war: WOW, wie schöööön. Darauf folgte etwas Ernüchterung, denn der Sattel fühlte sich beim Herausnehmen direkt um einiges instabiler / weicher an als mein Standard Filzsattel. Ich hatte sogleich Bedenken, ob diese Stabilität ausreichen würde, die über den Rücken laufende Steigbügelaufhängung abzudämpfen. Der Premium Sattel hat spanische (u-förmige) Klettkissen aus Schafwollfilz, die mit einem hochwertigen Leder ummantelt sind. Im Standard sind fixe Filzkissen in L-Form angenäht, welche weniger hoch sind und auch weniger Auflagefläche bieten, auch die Breite des Wirbelkanals lässt sich nicht anpassen und die Kissen lassen sich nicht ohne Weiteres aufpolstern. Die Kissen im Premium sind 46 cm lang und können frei positioniert, gepolstert und auch ausgetauscht werden. Auch lassen sich die Kissen selbst mittels Klett öffnen und zusätzlich befüllen. Dafür sind die Moosgummieinlagen gedacht, welche jeweils aus drei Teilen bestehen. Dies zur individuellen Anpassung des Schwerpunktes an das Pferd, man kann also anatomische Gegebenheiten durch die Polsterteile bis zu einem gewissen Grad etwas ausgleichen. Der Sitz lässt sich vorne und hinten separat mittels Klett öffnen, in der Mitte ist er allerdings fixiert, sodass er nicht als Ganzes entfernt werden kann, was ich schade finde, denn dadurch hätte man noch mehr Flexibilität in der Einstellung des Sattels für die Reiterhüfte. Beispielsweise liesse sich der Sattel so noch taillierter über die gesamte Sitzfläche polstern, was wegen der Fixierung leider nicht möglich ist. Der Sitz selbst ist aus Rauleder, es gibt ihn aber auch in der Variante Glattleder. Die Bügelaufhängung ist geschlossen und verläuft über den Rücken, lässt sich aber bei Bedarf austauschen und auch frei positionieren. Die Gurtung verläuft dafür nicht über den Rücken, die Strupfen sind am unteren Rand des Sattels befestigt. Alles ist sehr ordentlich verarbeitet und in der von La Selle gewohnt sehr hochwertigen Qualität.

 

Kaum aufs Pony gepackt, schob ich meine Zweifel hinsichtlich der Stabilität aber auch schon wieder bei Seite, denn der Sattel ist optisch wirklich ein absoluter Hingucker und sah auf meinem schwarzen Ferrari einfach nur toll aus. Ich montierte meine Steigbügelriemen (nicht im Testumfang enthalten!) und konnte es kaum erwarten, im Sattel Probe zu sitzen. Die Einstellung der Klettkissen passte so erstmal zu meinem Pony, ich montierte vorab allerdings noch die mitgelieferten Klettpauschen am Sattel und schob das erhöhte Ausgleichkissen in den vorderen Sitzbereich, da Reginn eine leicht abfallende Sattellage hat. 

Der erste Ritt

Platz genommen fühlte ich mich direkt Zuhause. Der Unterschied vom Sitzgefühl unterschied sich im Vergleich zum Standard nur darin, dass man etwas stabiler und auch minim breiter sitzt als im Standardmodell. Durch die Klettpauschen fühlte ich mich aber wesentlich eingerahmter aber auch sicherer (ich reite sonst ohne Pauschen, daher war das Gefühl für mich zuerst etwas ungewohnt). Zuerst war ich dadurch auch der Überzeugung, dass der Sitz selbst etwas kleiner sei als beim Standard, ich habe das aber nachher nachgemessen und beide sind exakt gleich gross/lang. Wir gingen eine Runde ins Gelände, mein Pony schnaubte sehr schnell ab. Aufgrund der Wetterverhältnisse (viel Schnee und extrem windig) konnten wir leider keinen ausgedehnten Ausritt machen. Ich ritt also ein paar Seitengänge im Schritt, etwas Trab und einen ganz kurzen Galopp durch den Tiefschnee. Mein Pony ist sehr fein am Sitz und wir sind eigentlich sehr gut aufeinander eingestellt. Durch die grössere Auflagefläche und das etwas Mehr an Polster, gelungen die Wechsel zwischen Schulterherein und Kruppeherein erst nach ein paar Malen unter Einsatz von Sekundärhilfen wieder butterweich wie immer. Da gab es wohl etwas Verwirrung von Ponys Seite, dass die Hilfen nicht mehr ganz so nah durchkamen. Nachher entspannte sich mein Pferdchen auch komplett und lief wie gewohnt wie ein Uhrwerk (btw: er ist der Beste!). Gleich wurde mir auch der Vorteil der Pauschen bewusst, Reginn nahm nämlich einen riesigen Satz über einen Schneehaufen. Ich blieb an Ort und Stelle sitzen, obwohl ich sonst schnell eine Vorwärtstendenz habe.

 

Erster Ritt: Ich war zufrieden, Pony wohl auch. Dennoch war mir die Sache mit den weichen Polstern dann nicht ganz so wohl. Zwar benutze ich die Steigbügel lediglich um die Füsse abzustellen (kein Leichttraben, kein leichter Sitz im Galopp), trotzdem kann man einen gewissen Druck in den Steigbügeln nicht ganz vermeiden, denn sie sind ja nunmal da. Ich schob nach dem Ritt also noch die Moosgummieinlagen über die komplette Länge in die Kissen. Und war erstaunt: Der Sattel war nun wirklich viel fester und liess sich auch in der Mitte nicht mehr ganz so einfach Durchbiegen. Er war nun definitiv stabiler als der Standard und auch vom Gefühl her mehr «Sattel».

 

Am nächsten Tag wiederholte ich also den Ritt mit der neuen Polsterung, gleiches Programm, alles bestens. Ich war hocherfreut. 

 

Vergleich Standard und Premium Sattel

 

Ich wollte es aber nun auch nicht nur dabei belassen, den Sattel «nur» Probe zu reiten. Um eine weitere Meinung zu haben, bat ich meine liebe Freundin Sarah, im Sattel Platz zu nehmen. Für mich sass sie also zuerst im Standard und nachher im Premium Modell Probe. Ihr Fazit: Beide Sättel sind super bequem. Marginaler Unterschied: Im Standard fühlte sie sich etwas weniger ins Hohlkreuz gesetzt, welches sie von Natur aus hat. Ich erkläre mir das damit, dass der Standard Sattel doch insgesamt etwas mehr nach hinten nachgibt, was das Hohlkreuz minim ausgleicht. Der Premium bleibt insgesamt etwas stabiler und gerader und daher muss Sarah etwas gegen das Hohlkreuz gegenarbeiten. Hier könnte es helfen, den Sattel im vorderen Bereich unter dem Schambein noch mehr zu polstern, allerdings hatte ich bereits das grosse Polster verbaut. Auch drückt die Pausche im Premium das Bein natürlich etwas an eine bestimmte Position, was das Hohlkreuz auch nochmal begünstigt. Ich persönlich habe auch ein Hohlkreuz, mir ist der Unterschied allerdings so nicht aufgefallen. Auf den Bildern sieht man aber deutlich, dass ihr Oberkörper im Standard etwas aufrechter bleibt. Wen die Pauschen stören, kann sie ja aber einfach demontieren, das ist ja das Tolle J

Deutlich sichtbar: Der Premium Sattel setzt Sarah etwas mehr ins Hohlkreuz, die Pausche drückt hier in diesem Fall den Oberschenkel leicht zurück. Für diese Kombination müsste der Sattel A-förmig etwas mehr Richtung Schambein gepolstert werden.

 

Punkt Anpassbarkeit an Pferd und Reiter

Wieso ist es so wichtig, dass die Polsterung auf beide «Beteiligten» passt? Ein Sattel oder eine Sattelalternative, die auf alle Pferde passt, gibt es schlichtweg nicht. Wer das suggeriert, macht unseriöse Versprechen. Daher ist es wichtig, dass auch ein Sattelpad an den Rückenschwung und die Muskulatur des Pferdes angepasst werden kann. Die Klettkissen könnte man sogar austauschen, für Pferde, die weniger Auflagefläche zur Verfügung haben. Soweit ich weiss, werden von La Selle aber keine kürzeren Klettkissen angeboten, sodass man hier wohl auf einen anderen Anbieter zurückgreifen müsste. Der Schwerpunkt von Reiter und Pferd sollte übereinstimmen.

 

Das Problem, welches oftmals besteht, ist ein Pferd mit einem breiten Brustkorb und eine schmale Reiterhüfte. Häufig sind u.a. durch häufiges Sitzen auch muskuläre Defizite seitens der Reiter vorhanden, wie z.B. verkürzte Rumpf- und Hüftbeugemuskulatur. Das macht es oft schwierig, den Reiter mit einer frei beweglichen Hüfte auf ein breites Pferd zu platzieren. Die individuelle Polsterung des Sitzes erlaubt es uns, den Sattel so zu Polstern, dass er als Bindeglied zwischen breitem Pferd (unten) und schmaler Reiterhüfte (oben) fungiert. Polstert man den Sitz nach oben hin etwas schmaler, kann man diese Brücke schlagen. Ausserdem ermöglicht die Polsterung auch in horizontaler Hinsicht eine Balance zu schaffen, sodass die Reiterin gleichmässig auf Schambein und Sitzbeinkufen Platz findet und weder in ein Hohlkreuz noch in einen vorgelagerten Oberkörper fällt. Nur wenn der Reiter entspannt mit einer freien Hüfte auf dem Pferd sitzen kann, kann er die dreidimensionalen Bewegungen des Pferderückens durchfliessen lassen und nur so kann feines Reiten entstehen. Ich denke, der La Selle Premium Sattel stellt hier schon einiges an Möglichkeiten zur Verfügung. Dennoch kann es durchaus möglich sein, dass dies in dem Umfang noch nicht ausreichend ist.

 

Was ich noch wissen wollte...

 

Wirbelsäulenfreiheit

Zu jeder Zeit blieb sowohl im Standard als auch im Premium Sattel die Wirbelsäule frei. Auch mit Reitergewicht hatten wir damit keine Probleme, was auch das Druckbild im Carola Pad Test zeigte. Im Vergleich zwischen Filzsattel von Isabel Steiner, Filzsattel Standard und Filzsattel Premium schneidet der Premium aufgrund der Höhe der Kissen und deren individuellen Verstellbarkeit selbstverständlich am besten ab.

  

Widerristfreiheit

Das ist für ganz viele ein Thema. Meine Ponys sind nur mit wenig bis mittleren Widerrist ausgestattet. Durch die Kissenhöhe gibt natürlich der Premium im Vergleich zum Standard wesentlich mehr Freiheit für den Widerrist. Bei meinen Pferden kam der Sattel auch mit Reitergewicht nie zum Aufliegen. Reginn hat durchaus Schwung im Rücken und wenn er den Brustkorb fallen lässt, liegt auch schon mal die Satteldecke im Standardsattel auf (dringendes Zeichen zum Absteigen ;) !). Im Premium habe ich das nicht beobachten können. Dennoch würde ich den Sattel nicht für Pferde mit einem hohen, weit in den Rücken ragenden Widerrist empfehlen. Sicherlich kann man einiges über die Polster ausgleichen, jedoch auch keine Wunder bewirken. Der Sattel hat kein Kopfeisen und kann sich daher im vorderen Bereich logischerweise nicht stabilisieren. Saskias Pferd hat einen ziemlich prominenten Widerrist. Bei ihrem Pferd hat das System nicht funktioniert und es gab Reibestellen im Widerristbereich. 

 

Die Steigbügelaufhängung

Meine grösste Sorge. Deswegen wollte ich das genau wissen. Den Standard Sattel bin ich immer mit Lammfelldecke und zusätzlichen Polstern geritten. Mein Pferd war immer zufrieden, auch auf längeren Ritten, auch im Galopp. La Selle schreibt auf der Website: «Die Aufhängung wird durch den dicken Filz und zusätzlich mit dem Kissenausschnitt geschützt, sodass diese nicht gegen den Pferderumpf drücken kann.» Dies indiziert, dass man den Sattel mit Bügeln ohne zusätzliche Polster benutzen kann. Weiters liest man aber auch: «Die flexibel einstellbare Steigbügelaufhängung ermöglicht eine Bügeltritt-Hilfe und bietet Reitern zusätzlich mehr Sicherheit im Gelände.» Der gesunde Menschenverstand sagt einem bereits, dass ein Reitpad in puncto Druckverteilung und Bügelnutzung nicht mit einem Baumsattel vergleichbar ist. Es gibt kein Reitpad, welches uneingeschränkt mit Steigbügel benutzt werden kann (leichter Sitz, Leichttraben, Aufsteigen vom Boden). Ich würde es jedenfalls keinem empfehlen

Zuerst fühlte ich mit meiner Hand unter den Sattelkissen entlang mit Sarahs Gewicht im Sattel. Beim Standard kam ich vorne und hinten gut unter dem Sattel durchgleiten, ausser da wo das Reitergewicht war, da ging es schwieriger. Die Wirbelsäule blieb jedenfalls frei. Danach bat ich Sarah die Steigbügel beidseitig mit Gewicht zu belasten, d.h. in den Bügeln stehen mit beiden Beinen. Auch hier: Ich konnte meine Hand gut vorne und hinten unter den Sattel schieben, unter der Steigbügelaufhängung konnte ich aber nicht mehr durchfühlen. Die punktuelle Druckspitze war zu hoch (Reginn verzog aber trotzdem keine Miene). Dasselbe wiederholten wir beim Premium. Hier war es insgesamt viel schwieriger, meine Hand unter den Kissen hindurchgleiten zu lassen. Bei Belastung der Bügel kam ich aber mit Anstrengung auch noch unter der Bügelaufhängung hindurch. Folglich ist die Druckverteilung auf die Gesamtlänge der Kissen im Premium Sattel schon wesentlich besser als im Standard. Der punktuelle Druck an der Bügelaufhängung war dennoch deutlich spürbar. Wir sind uns aber einig, dass die Sättel für derartige Bügelbelastung natürlich NICHT geeignet sind. Es ging mir lediglich um den Unterschied der Druckverteilung zwischen beiden Sattelvarianten.

Zum Thema Druckverteilung machte ich noch einen weiteren Test, diesmal mit dem Carola Pad. Für die, welche das System nicht kennen: Es handelt sich um eine haltbare Teigmasse in einem Plastikmantel, welches unter den Sattel gelegt wird. Nach dem Reiten wird ersichtlich, wo am meisten Druck herrschte, da die Masse an diesen Stellen verdrängt wird.

Ich testete den Premium Sattel zuerst nur mit einer normalen Wollfilzschabracke drunter mit einem ganz dünnen Polster (1 cm extrem weiches Material). Wir ritten ca. 1 Stunde Schritt, Trab und einen längeren Galopp in mittelschnellem Tempo. Ponytier war zufrieden, sogar im relativ langsamen Galopp gelang es ihm, den Brustkorb oben zu lassen, wo er sonst gerne mal flach wird und eine Passtendenz bekommt. Also von dem her, durchaus sehr positiv J

 

Das Ergebnis seht ihr hier:

Deutlich zu sehen: Druckspitzen (hell) im Bereich der Steigbügelaufhängung
Deutlich zu sehen: Druckspitzen (hell) im Bereich der Steigbügelaufhängung

Nochmal: Ich nutze die Bügel nur zum Füsse abstellen oder um einen Bügeltritt für eine bestimmte Balancerichtung zu geben. That’s it. Ich war daher durchaus erschrocken über das Druckergebnis. Trotz der passiven Nutzung der Bügel, konnte man SEHR deutlich die Aufhängung durchdrücken sehen.

 

 

Ich wiederholte den Test am nächsten Tag mit folgender Polsterung: Grandeur Lammfellschabracke mit 1,5 cm Verbundschaumeinlagen (festes Material). Wieder ritten wir Schritt, etwas Trab und einen kurzen Galopp. 

Mit Polsterung ist die Druckverteilung schon grossflächiger
Mit Polsterung ist die Druckverteilung schon grossflächiger

Das Ergebnis sieht für mich auf jeden Fall schon wesentlich brauchbarer aus. Sichtbar ist immer noch vermehrter Druck da wo der Reiter sitzt (was normal ist), die extremen Druckspitzen vom Vortag sieht man aber nicht mehr so deutlich. An der Polsterung kann man sicherlich noch optimieren (zB mit festem Filz oder Heavy Duty Einlagen). 

 

Auch testete ich diese Kombination noch auf meinem Hafibuben. Inklusive Leichttraben, da ich ihn im Gelände nicht immer Aussitzen kann. Und er hat sich leider tatsächlich einmal beschwert, man bekommt also definitiv zu viel punktuellen Druck bei der aktiven Benutzung der Bügel. Ansonsten fühlte ich mich im Sattel wirklich sehr sicher, obwohl Stern gerne mal mit dem Kopf durch die Wand möchte.

 

Auch Martina durfte noch Probieren und ritt den Sattel auf ihrer rundrippigen Fribistute. Hier trifft sehr schmale Reiterhüfte, kurzer Oberschenkel und verkürzter Hüftstrecker auf ein breites Pferd und auch sie fand das Sitz- und Reitgefühl im Sattel sehr angenehm, ausreichend schmal und nicht einengend. Nazirah schien sich damit auch sehr wohl zu fühlen. Daumen hoch von den beiden J

Macht auch auf dem Hafermoped eine gute Figur
Macht auch auf dem Hafermoped eine gute Figur

Fazit

Der La Selle Filzsattel sowohl in der Standard als auch der Premium Version sind ohne Zweifel zwei sehr hochwertig gearbeitete Reitpads. Die Herkunft der verwendeten Leder und Nähte ist auf der Website offen deklariert und alles wird von Hand gefertigt, was ich toll finde. Die Pads lassen den Reiter im Vergleich zu anderen Reitpads und baumlosen Sätteln sehr schön schmal sitzen. Das Reiterbein fällt relativ frei aus der Hüfte am Pferderumpf herunter, die Hüfte wird nicht blockiert. Im Premium Modell kann man verschiedene Anpassungen für Pferd und Reiter vornehmen, was zum Austarieren des Schwerpunkts wirklich hilfreich ist. Dennoch finde ich, dass da noch mehr geht bzw. dies auch bei anderen Reitpads möglich ist. Für Pferde mit einem hohen Widerrist ist auch dieses Pad (wie die meisten) nur bedingt geeignet. Hier würde ich im Einzelfall aber zum vorherigen Testen raten. Soweit ich weiss wird in Deutschland auch der komplette Testpreis an den allfälligen Kaufpreis angerechnet. Vom Kundenservice hört man sowohl sehr positive als auch negative Erfahrungen. Ich würde mich da jetzt auf eine neutrale Position stellen, da ich nicht genügend Erfahrungswerte hierzu sammeln konnte.

Wer das Pad mit Steigbügeln verwenden möchte, sollte dies unbedingt mit zusätzlicher Polsterung tun. Denn auch wenn man vermeintlich die Bügel nicht benutzt, entsteht ein gewisser Druck durch das Federn der Gelenke, insbesondere auch dann, wenn der Reiter einen offenen Sitz hat und nicht mit dem Oberschenkel den Druck auf den Rippenkasten verteilen kann. Verschnallt man die Bügel so lang, dass man kein Druck am Fussballen spürt, wird man die Bügel vermutlich verlieren oder mit den Zehen immer danach angeln. Mit entsprechender Polsterung und ausbalanciertem Sitz, sehe ich aber kein Problem, das Pad auch auf längeren Ausritten zu benutzen.

Wer keine Steigbügel benutzen möchte, ist mit einem anderen hochwertigen Reitpad vielleicht ebenso glücklich. Ich kann hier das Schulungspad von Bent Branderup Products sehr empfehlen, welche nicht nur eine adäquate Alternative ist, sondern ein super wertvolles Tool für die Sitzschulung, ungeschlagen tailliert im Sitz und mittels mitgelieferter Wolle nochmal präziser auf Pferd und Reiter anpassbar. Ralf Schmitt steht auch jederzeit mit Rat und Tat zur Seite und gibt Tipps für die korrekte Polsterung des Pads. Für mich ungeschlagen der die Nummer 1 für die Platzarbeit. Für den kleineren Geldbeutel ist sonst auch der Filzsattel von Isabel Steiner eine absolut empfehlenswerte Alternative, auch wenn sich die Anpassbarkeit hier in Grenzen hält und Reiter von rundrippigen Pferden hier oftmals an ihre Grenzen geraten.

Ansonsten mag ich den Premium Sattel von La Selle wirklich sehr sehr gern und jaaaa.. es wird einer einziehen, allerdings mehr oder weniger aus einem glücklichen Zufall heraus, da Saskia ihren Sattel auf ihrem Pferd aufgrund der Widerristproblematik nicht verwenden kann, wird er bei mir ein schönes Zuhause bekommen. Danke an dieser Stelle J. Ob ich mir einen neuen bestellt hätte, kann ich daher nicht so genau sagen. Wobei die Vorteile gegenüber dem Standard durchaus positiv hervorstehen.

 

Mehr Infos zum Sattel findet ihr auf der Website von La Selle. 

 

Zu guter Letzt: Die obigen Ausführungen stellen meine persönlichen Erfahrungen und meine Meinung dar. Ich erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit, korrekte Interpretation der Ergebnisse, usw. Auch erfolgte dieser Test völlig unvoreingenommen und auf eigene Kosten und ist daher auch völlig ehrlich. 

 

Ich hoffe sehr, dass euch dieser Testbericht weitergeholfen hat. Teilt mir gerne auch eure persönlichen Erfahrungen mit! 

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Kommentare: 1
  • #1

    Anika (Samstag, 15 April 2023 21:16)

    Hilfreicher Bericht. Danke.